Cash & Beam, der Star Trek-Trick der RIB AG

Cash & Beam, der Star Trek-Trick der RIB AG

Mit trickreichen Buchungen strahlt RIB riesige Geldsummen an ferne Orte, um prächtiges Wachstum zu simulieren. Das Resultat ist eine grandiose Überbewertung der Aktie.

Jeder kann die Trickserei nachlesen, tut das aber nicht. Das geschieht wahrscheinlich erst, wenn es zu spät und der Börsenkurs im Keller ist.

Ich habe mir die Mühe gemacht, das trickreiche Wirken von Thomas Wolf einigermaßen anschaulich zu beschreiben und habe mich zu diesem Zweck eines beliebten Stoffs der Weltraumliteratur bedient.

Das poetische Konzept aller Blockbuster in der Geschichte der Science Fiction folgt dem Prinzip Hoffnung.

Nur wer sein Publikum mit erbaulichen Gefühlen über Fortschritt, Friede und Wohlstand aus den Kinosälen entlässt und dem Alltag übergibt, verkauft reichlich Tickets. Genauso verhält es sich mit der Erstellung eines Geschäftsberichts.

Auch hier gilt, wer Hoffnung sät, wird Aktionäre ernten.

Mit platten Versprechungen ist es allerdings in beiden Genres nicht getan. Ein guter Science-Fiction lebt von seiner Plausibiltät. Ein guter Geschäftsbericht auch.

Als sich die Macher der Star Trek-Serie (in Deutschland: „Raumschiff Enterprise“) Mitte der 1960er-Jahre diverse Technologien ausdachten, mit deren Hilfe sich die Crew um Captain Kirk durch die unendlichen Weiten des Weltalls bewegte, um mannigfaltigen Gefahren zu trotzen, legten sie größten Wert darauf, dass ihre physikalischen Anwendungen nicht sofort als kompletter Mumpitz durchfielen.

Später dann und im Zuge des anhaltenden Erfolgs der Serie bildete sich sogar ein akribischer Ehrgeiz heraus, die ganze Ausrüstung der Sternenflotte wissenschaftlich zu verargumentieren.

Phaser, Quantentorpedos, Traktorstrahl, Jefferies-Röhre, Proteinresequenzer, Warp-Antrieb und natürlich das gute alte Beamen wurden einer gründlichen Glaubwürdikeitswäsche unterzogen.

Beim Beamen klang das nachher so:

Ein sogenannter Transporter zerlegt das zu beamende Objekt in seine Atome und schickte diese einzeln durch einen Materiestrom zum Zielgebiet und fügt sie dort wieder zusammen. Um jedem gebeamten Quant die Information über den Ankunftsort und den dort benötigten Zustand mitzugeben, wird ein sogenannter Heisenbergkompensator benötigt, damit die heisenbergsche Unschärferelation kompensiert wird, derzufolge es nicht möglich ist, zu einem bestimmten Zeitpunkt sowohl den genauen Ort als auch die Geschwindigkeit und Richtung eines subatomaren Partikels festzustellen. Die Person wird beim Beamen in seine Moleküle aufgeteilt und mit einem Materiestrom über den Eindämmungsstrahl zum Ziel geschickt und dort rematerialisiert.

Das wirkt einigermaßen seriös und plausibel. Ist jedoch totaler Quatsch, was sich aber erst durch Lektüre des Kleingedruckten in den Gesetzesbüchern der Naturwissenschaft erschließt.

Und schon sind wir bei Thomas Wolf, Michael Sauer und Sandy Möser, den Bilanzcowboys der RIB-Gang und ihrem Geschäftsbericht 2016, der Star Trek-Erfinder Gene Roddenberry alle Ehre machen würde, weil er federleicht AktG und HGB überspringt, wie Kirk, Spock und Scotty die Gesetze der Physik.

Das Beamen im Raumschiff Enterprise nennt sich bei der RIB AG „Auslandsgeschäfte“ und führt uns aus dem beschaulichen Stuttgart über Hongkong auf die sonnigen Cayman Islands, dem Sitz der YTWO Ltd., an der die RIB-Gruppe seit spätestens 12. September 2016 zu 50% beteiligt ist.

Das jedenfalls meldete die RIB AG in einer Adhoc und packte noch eine fulminante Ergebnisprognose obendrauf:

Gründung eines Joint Ventures mit einem global führenden Auftragsfertiger//Erhöhung der EBITDA Prognose

Da springt das Zockerherz vor Freude in die Luft. Wie man im Geschäftsbericht von RIB-Chef Thomas Wolf nachlesen kann, flossen damals 59,6 Mio. Euro in Gestalt einer Kapitalerhöhungen aus der RIB AG an die RIB Ltd. (Hongkong). Ein kleiner Teil des Geldes blieb in Hongkong. Der Löwenanteil in der Höhe von 55 Mio. wurde auf das Konto des neuen Gemeinschaftsunternehmen YTWO Ltd. eingezahlt.

YTWO ist ein Joint Venture mit der Firma „Flex“, die AR-Chefin Sandy Möser in ihrem Bericht des Aufsichtsrats auf Seite 20 des Geschäftsberichts beiläufig erwähnt. Dass es sich dabei um die Flextronics International Ltd. mit Sitz in Singapur handelt, erfährt man 17 Seiten später.

Überhaupt ist das Zappen zwischen den verschiedenen Kapiteln des Geschäftsberichts sehr zu empfehlen. Das ist zwar etwas anstrengend, ergibt jedoch interessante Einblicke. Dass die neue YTWO Ltd. auf den Caymans zu Hause ist, steht nämlich erst auf Seite 112.

Aber zurück in den Herbst 2016.

Besagte Adhoc ging also am 12. September über den Ticker. Hurra, ein neuer Deal! Aber wann wurde er im Aufsichtsrat besprochen und abgenickt? Vermutlich nicht in der Sitzung am 31. Mai 2016. Jedenfalls steht davon nichts in Sandy Mösers Bericht des Aufsichtsrats. Die nächste Sitzung des AR fand dann erst am 24. Oktober statt, 6 Wochen nach Verkündigung des Mega-Deals. Zu spät, um darüber zu palavern.

Hat der RIB-Aufsichtsrat jemals über dieses wichtige Geschäft beraten? Hat er überhaupt im Vorfeld davon gewusst? Im Handelsregister ist jedenfalls kein entsprechender Beschluss hinterlegt. Oder habe ich beim Stöbern was übersehen?

Nachtrag am Tag nach der RIB-HV, die am 30. Mai 2017 in Stuttgart stattfand: Irgendwann hat man einen der Star Trek-Drehbuchschreiber gefragt, wie denn das Beamen genau funktionit. „Danke, es funktioniert ganz ausgezeichnet“, gab der Mann zur Auskunft. Das klingt nach einer typischen Antwort von Wolf, wenn man ihn nach den merkwürdigen Buchungsvorgängen in seinem Konzern fragt.

Wie Thomas Wolfs Cash-Beam-Technik funktioniert, mit der man riesige Umsätze dorthin strahlt, wo sie gerade gebraucht werden, versuche ich in meinem nächsten Artikel zu erläutern:

So funktioniert das Millionenkarussel von Thomas Wolf

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.