Der tiefe Fall der RIB SE | Ich war (fast) der erste, der ihn vorausgesehen hat

Der tiefe Fall der RIB SE | Ich war (fast) der erste, der ihn vorausgesehen hat

Jetzt ist die RIB-Aktie richtig tief gefallen. Eine Milliarde (!) Börsenwert sind vernichtet. Aber da ist noch Luft nach unten. Aktienblogger Marcus Johst erklärt, wie es dazu kam und lobt sich selbst.

Das hat sich Ex-Bahn-Chef Rüdiger Grube sicher anders vorgestellt. Wenige Tage, nachdem er offiziell in den Verwaltungsrat der RIB SE eingezogen war, stürzte der ohnehin schon schwächelnde Aktienkurs noch einmal kräftig ab und verharrt seither bei unter 10 Euro.

Das waren noch Zeiten, als ich begann, mich mit der RIB SE und ihrem Chef Thomas Wolf zu beschäftigen. Ein befreundeter Wirtschaftsprofessor hatte mich darauf aufmerksam gemacht. Ich glaube, der Kurs lag damals bei 34 Euro.

Ich begann, dieses Blog vollzuschreiben und erklärte meinen Lesern, wie Wolf den Kapitalmarkt  zum Narren hält. Nämlich, indem er mit sich selbst Geschäfte macht und künstliche Umsätze erzeugt. Alles steht haarklein in den Bilanzen. Man muss nur sehr genau hinschauen.

Das, was Wolf und sein Verwaltungsrat da machen, ist ganz klar Betrug, dachte ich mir. Naja, gerade noch legaler Betrug. Auf jeden Fall fragwürdig.

Wer genau wissen will, wie kühn Wolf seit Jahren bescheißt, indem er eine Menge Geld auf die Reise von Stuttgart nach Hongkong, von dort auf die Cayman Islands und dann wieder zurück nach Hongkong schickt, kann hier nachlesen:

So funktioniert das Millionenkarussel von Thomas Wolf

So ging das eine Weile. Keiner interessierte sich für mein Blog. Außer Thomas Wolf, der sich sehr höflich meldete und mir meine spinnerten Ideen ausreden wollte.

Bis ich die erste Pressmitteilung des Bilanzcowboys-Blogs an rund 5.000 Journalisten und Analysten im deutschen Sprachraum verschickte. Das war am 5. Februar 2018.

In den Aktienforen war darauf die Hölle los.

Fondsgesellschaften aus der ganzen Welt meldeten sich bei mir und fragten nach Details. Dabei hatte ich schon alles geschrieben. Mehr Skandal war einfach nicht da. Reicht doch schon, sagte ich dann.

Der Qualitätsjournalist Georg Buschmann von der Zeitschrift Wirtschaftswoche nahm meine Recherchen auf und strickte einen großen Artikel daraus.

Vermutlich, um die Selbstbedienung zu rechtfertigen, schrieb Buschmann, meine Blogbeiträge seien verzerrt und voller Fehler (ohne näher darauf einzugehen) und bezeichnete mich als „dubiosen Kommunikationsprofi“.

Ende März, nach einer völlig überraschenden Kapitalerhöhung zum Preis, der weit unterhalb des Aktienkurses lag, begann das RIB-Papier ganz schnell auf 17 Euro abzurutschen.

Wieder veröffentlicht Buschmann in der Wirtschaftswoche einen Artikel mit meinen Recherchen. Pötzlich war da keine Rede mehr von Fehlern. War wohl doch etwas dran.

Monatelang pendelte der RIB-Kurs zwischen 17 und 20 Euro hin und her und erholte sich nicht.

Wie von Sinnen ließ Wolf Unternehmensmitteilungen versenden, die grandiose Geschäftsabschlüsse besangen.

Alle klangen irgendwie gleich. RIB SE unterzeichnet Phase II-Auftrag mit Blablabla. RIB SE schließt dreijährigen MTWO-Vertrag mit Blablabla…

Manchmal überlegte ich, ob ich einen gemeinen Artikel über das verzweifelte Getröte schreiben soll. Dann langweilte ich mich so sehr damit, dass ich den Rechner wieder zuklappte.

Bis vor wenigen Tagen der totale Absturz kam.

Was ist passiert?

Wolf kündigte an, dass er die Anteile des Joint Ventures YTWO (wo er einen großen Teil der RIB-Umsätze simuliert) von RIB-Partner Flex Inc. komplett übernehmen will. Übrigens zu einem Preis, der weit unter dem bisher kommunizierten Wert dieser Firma liegt.

Hat das die Blase zum Platzen gebracht?

Ich denke ja.

Denn was wohl jetzt nicht mehr funktioniert, ist Wolfs bisherige Art, Pseudo-Geschäfte zu kreieren. Das geht nur mit einem Joint Venture, an dem RIB zu 50% beteiligt ist. Wegen der internationalen Rechnungslegungsvorschriften nach IFRS oder so. Ich kenne mich nicht damit aus.

Jenseits der Märchen-Umsätze aus dem YTWO-Karussell ist bei RIB geschäftlich nicht viel los.

Vielleicht finde ich in den nächsten Tagen die Zeit und rechne aus, wieviel Umsatz überhaupt bleibt, wenn die YTWO-Luftnummer verweht ist. Oder Herr Buschmeier von der Wirtschaftswoche kommt mir zuvor und macht einen Artikel daraus.

Mein Gefühl sagt mir, dass ein RIB-Aktienkurs von ca. 3,5 Euro halbwegs fair sein könnte.

Zurück zum neuen RIB-Verwaltungsratsmitglied Rüdiger Grube.

Irgendwie muss dieser Artikel zu seinem Ende kommen und die Überschrift aufgegriffen werden. Wie sich das gehört.

Grube sind Milieus, in denen gelogen und betrogen wird, nicht fremd. Das machte ihn für viele Jahre zum beliebten Partner des Parteienstaats.

Grube war Vorstandsmitglied der Daimler AG und sitzt heute im Beirat der Deutschen Bank Stuttgart. Als Eisenbahn-Manager genoss Grube über lange Zeit staatliche Rückendeckung trotz millionenfacher Minderleistung an seine Kunden.

Was ist dagegen Thomas Wolfs RIB SE? Ein kleiner Taschendieb, der seinen Anlegern Abermillionen aus den Taschen zog.